Von „Indifferenten“, „Bedrängern“ und „Z-Bäumen“

Einblicke in „Waldbau“ für den Gemeinderat durch Revierförster Kreten

Waldbegehung des Flußbacher Gemeinderats mit H-P. Müllenbach, H-J. Drees, B. Rach, K. Thörner, M. Schmitt, J. Schwind, D. Haier, T. Kreten und C. Thörner an der Kamera
Waldbegehung des Flußbacher Gemeinderats mit H-P. Müllenbach, H-J. Drees, B. Rach, K. Thörner, M. Schmitt, J. Schwind, D. Haier, T. Kreten und C. Thörner an der Kamera

„Waldbegehung, insbesondere im Jagdbogen II“ war die Tagesordnung auf der Einladung von Ortsbürgermeister Hans-Josef Drees, die er auf besonderen Wunsch von Revierförster Kreten, an den Flußbacher Gemeinderat richtete. In seinen kompetenten und anschaulichen Ausführungen, vermittelte Herr Kreten den Ratsmitgliedern, an einzelnen Stationen, Einblicke in „Waldbau“ im Allgemeinen aber auch zum Zustand des Flußbacher Gemeindewaldes im Speziellen.

 

Der „Holzvollernter“

Dem Ortstermin gingen Durchforstungsarbeiten schon einige Wochen voraus. Die dabei erzielte „Holzernte“ von zig Festmetern (fm) auf „Polter“ gelegt, machte gleich zu Beginn schon Eindruck. Eine spezielle Maschine, der „Holzvollernter“ (engl. „harvester“) kam zum Einsatz. Diese Maschine fixiert den Baum, fällt ihn, entastet den Stamm und legt diesen, in einzelne Längen geteilt, ab.

 

 

Durch „GPS“, „Mobile Kommunikation“ und „Bordcomputer“ unterstützt, müssen in der Steuerkanzel des Harvesters eine Vielzahl von Entscheidungen direkt an Ort und Stelle getroffen werden. Von der Entscheidung des Fahrers ist es letztendlich abhängig, welchen sogenannten „Sortimenten“ die einzelnen Holzabschnitte zugeordnet werden. Ein hohes Maß an Sachkenntnis, Erfahrung, Sorgfalt und Konzentration sind gefordert, wenn hier schon die Auslese getroffen wird, von der am Ende der Ertrag abhängt. Holzqualitäten und Holzmengen werden vom Rechensystem des Harvesters kontinuierlich in Listen erfasst. – Revierförster Kreten lobte die Leistungen des ausführenden Unternehmens und unterstrich die seit Jahren bereits bestehende, vertrauensvolle Zusammenarbeit.

 

Die Forstwirtschaft ist durch diese Maschinen enorm verändert und wesentlich beschleunigt worden. Je nach den örtlichen Gegebenheiten sind Arbeitsleistungen von 5 fm bis 30 fm in der Stunde möglich. Dabei arbeitet der Holzvollernter von Gassen aus, die er bei der ersten Durchforstung selbst anlegt und auf denen das Holz anschließend gerückt wird. Bei nachfolgenden Durchforstungen werden immer wieder die gleichen Rückegassen benutzt. Die abgestreiften Äste legt der Harvester als Polster auf die Fahrgasse, was den Bodendruck der fahrenden Maschine und damit ökologische Auswirkungen wie Bodenverdichtung und Wurzelschädigung vermindert. Sehr beeindruckt zeigten sich die Ratsmitglieder, als sie auf „Krotzig“ die Rückegassen im Steilhang in Augenschein nahmen. Die Überlegenheit der Maschine gegenüber traditionellen, manuellen Durchforstungsarbeiten, konnte Revierförster Kreten mit Zahlen zu den jeweiligen Kosten untermauern.

 

Das Z-Baum-Konzept

Der überwiegende Teil des Erlöses im Waldbau wird mit wenigen, dafür aber besonders prächtigen Bäumen erwirtschaftet. Deshalb steht die Produktion von besonders wertvollem Sägeholz im Vordergrund. Die natürlichen Ressourcen Licht und Nährstoffe lenkt man gezielt durch konsequente Auslese auf die besten Bäume des Bestandes, die sogenannten „Z-Bäume“ (Zukunftsbäume). Schwache Industrieholz-Sortimente fallen zwangsläufig bei diesen notwendigen Auslesedurchforstungen, die in 5 bis 10 Jahresabständen durchgeführt werden, an.

 

 

Nur über die Krone wächst der Stamm, dazu braucht er Sonnenlicht. Bedrängen die Baumkronen eines Bestandes sich gegenseitig im Kampf um das Sonnenlicht ist höchste Zeit für eine Durchforstung. Rückegassen anlegen ist der erste Arbeitsschritt, dann folgt die Z-Baum-Auswahl. Auswahlkriterien sind Vitalität/ Stabilität, Qualität und räumliche Verteilung im Bestand. Hier wird deutlich, dass zuvor eine sogenannte „Qualifizierung“ der Bäume abgeschlossen sein muss. Der Bestand, an dem Herr Kreten das Z-Baum-Konzept erklärte, hatte ein Alter von etwa 30 Jahren. Z-Bäume waren deutlich an ihren Markierungen zu erkennen.

Die Anzahl der zu markierenden Bäume richtet sich nach den Baumarten und liegt im Fichten-Tannen-Buchen-Wald bei 130 bis 150 je Hektar. Aus dem größtmöglichen Kronendurchmesser des Z-Baumes im Erntealter ergibt sich der Mindestabstand der Z-Bäume zueinander. (Bei Fichten ist der Z-Baum-Abstand im Erntealter etwa 6,5 bis 7,5 m und bei Tannen ist er etwa 7,5 bis 8,5 m.)

Alles was der positiven Entwicklung des Z-Baumes im Wege steht, muss Zug um Zug weichen. Bei Auslesedurchforstungen müssen „Bedränger“ raus. Die Entnahme solcher Konkurrenten sichert dem Z-Baum ausreichenden Wuchsraum. In den folgenden Jahren wird der Z-Baum es durch zusätzliches Wachstum danken. „Indifferente Bäume“, die zur Struktur und Stabilität (Sturmschadensrisiko) beitragen, bleiben stehen, längstens bis aus ihnen wieder Bedränger erwachsen. (Ausnahmen: Borkenkäferbekämpfung, Rückegassenaufhieb, Verkehrssicherheit u. ä.)

 

Schälschäden durch Rotwild sind ergebnisrelevant

 

Am Ende der Waldbegehung zog Revierförster Kreten Bilanz: der Flußbacher Wald ist gut aufgestellt. Im Jahresergebnis ist auf der Einnahmenseite mit erheblichem Zuwachs zu rechnen. Eine Nachricht, die der Gemeinderat mit Freuden vernahm. Betrübt zeigte man sich darüber, dass durch Wildschäden bedingt, die Einnahmen weit hinter den Möglichkeiten zurück bleiben. Holz, das deklassiert werden musste, weil die Stämme erkrankten, hauptsächlich nach Schälschäden, die durch Rotwild verursacht wurden, zeigte sich deutlich ergebnisrelevant. Die aktuellen Marktpreise zugrunde legend bezifferte Herr Kreten den Ertragsunterschied auf 67 Euro pro Festmeter.

Schälschäden in erheblichem Ausmaß, die von Rotwild verursacht wurden, konnten die Ratsmitglieder bei der Waldbegehung reichlich in Augenschein nehmen. Auch die Spurenlage deutete während der Waldbegehung immer wieder auf Rotwild hin: Die Fährte eines Hirsches setzt sich aus einzelnen Fußabdrücken, den sogenannten Trittsiegeln, zusammen. Ausgehend vom Trittsiegel ist die Art, das Geschlecht und die Stärke des Tieres zu bestimmen. Dabei liegt der Jagdbogen II in Flußbach in einem Bereich, der nicht zu einem Bewirtschaftungsbezirk für Rotwild gehört, sondern sich in einem so genannten rotwildfreien Gebiet befindet. Die Mitglieder des Gemeinderates sehen nun die Jagdpächter in der Pflicht, ihre Abschussplanung darauf auszurichten, dass vorhandene Stücke von Rotwild erlegt werden. Diese Problematik wird zukünftig noch oft Tagesordnungspunkt von Gemeinderatssitzungen sein, diese Befürchtung teilten viele.

Bei einem kleinen Imbiss endete für die Teilnehmer die Waldbegehung. Ortsbürgermeister Drees bedankte sich bei Herrn Kreten für seine ausführlichen und kompetenten Darstellungen. Auch die Ratsmitglieder zeigten sich begeistert über die professionelle und dennoch allgemein verständliche Einführung in Waldbau. – Wald betrachten sie fortan aus neuen Perspektiven.

Fotostrecke (Bilder 1 – 28 von J. Schwind und Bilder 29 – 40 von M. Schmitt)